Digitale Technologien gelten oft als umweltfreundlich – schließlich ersetzen E-Mails Papierpost, Cloud-Speicher Aktenstapel und Videokonferenzen Geschäftsreisen. Doch die Realität sieht anders aus: Rechenzentren, Netzwerke und Hardware-Produktion verbrauchen enorme Energiemengen und hinterlassen einen erheblichen CO₂-Fußabdruck.
Software spielt dabei eine Schlüsselrolle. Sie bestimmt, wie effizient Hardware arbeitet, wie viele Ressourcen genutzt werden und wie hoch der Energiebedarf ausfällt. Green Software Development setzt genau hier an: Ziel ist es, digitale Technologien nachhaltiger zu gestalten und den Energieverbrauch zu minimieren. Doch dafür braucht es nicht nur technische Innovationen, sondern auch ein Umdenken – in der Branche und in der Gesellschaft.
Dieser Blog zeigt, warum Green Software Development unverzichtbar ist und welche Schritte notwendig sind, um die digitale Welt nachhaltiger zu gestalten.
März 3, 2025
Green Software Development bedeutet, Software energieeffizient zu gestalten und CO₂-Emissionen zu reduzieren – von der Planung über die Programmierung bis zur Wartung. Effizient geschriebener Code spart Strom, schont Ressourcen und minimiert die Umweltbelastung. Jede Optimierung zählt: Schon kleine Anpassungen in Design, Code oder Infrastruktur können den Energieverbrauch erheblich senken und zu einer nachhaltigen digitalen Zukunft beitragen.
Software läuft auf Servern, Geräten und Clouds, die alle Strom brauchen. Jedes Mal, wenn wir internetverbundene Technologie verwenden, verursachen wir CO₂-Emissionen. Diese entstehen hauptsächlich in drei Bereichen:
Das ICT-Ökosystem – von Streaming-Diensten bis zu Mobilfunknetzen – verursacht über 2 % der globalen Emissionen. Mit rasant steigendem Internet-Traffic wächst auch der Energiebedarf: Zwischen 2019 und 2022 hat sich der Datenverkehr mehr als verdoppelt, 2023 stieg er um weitere 23 %. Besonders Streaming-Plattformen wie Netflix und YouTube treiben diesen Anstieg voran – 2022 machten Videos bereits 65 % des gesamten Traffics aus.
Auch Websites werden immer datenintensiver: Während 2011 eine durchschnittliche Desktop-Seite noch 500 KB groß war, sind es heute oft um die 2650 KB. Neben sichtbarem Content werden zahlreiche Skripte für Tracking, Werbung, Social-Media-Integrationen und AI-Chatbots geladen – oft ohne Rücksicht auf Effizienz.
Jede übertragene Datenmenge verbraucht entlang der gesamten Infrastruktur Energie. Content Delivery Networks (CDNs) können die Übertragungswege verkürzen, doch auch sie benötigen Ressourcen.
Um den steigenden Bedarf nachhaltiger zu gestalten, müssen Entwickler effiziente Lösungen priorisieren.
2022 lag der globale Stromverbrauch von Rechenzentren bei bis zu 340 TWh – das entspricht 1-1,3 % des weltweiten Strombedarfs und rund 0,3 % der globalen CO₂-Emissionen. Der Strom stammt meist aus fossilen Quellen: Im weltgrößten Rechenzentrum-Hub Virginia (USA) sind nur 1 % der Energie nachhaltig.
Neben der Power Usage Efficiency (PUE) ist auch die Kühlung ein zentraler Umweltfaktor: 2014 verbrauchten US-Rechenzentren geschätzt 100 Milliarden Liter Wasser. Hyperscaler wie Amazon, Google und Microsoft setzen auf hocheffiziente Kühl- und Load-Balancing-Systeme, um Ressourcen zu sparen.
Wichtig ist nicht nur der direkte Strom- und Wasserverbrauch des Rechenzentrums, sondern auch der Strommix: Je nach Ort und Tageszeit kann eine sehr unterschiedliche CO₂-Intensität im Stromnetz gegeben sein. „Electricity Maps“ visualisieren den Strommix von verschiedensten Ländern und Regionen:
Effiziente Rechenzentren sind entscheidend für eine nachhaltige digitale Infrastruktur – jetzt sind gezielte Maßnahmen gefragt.
Die Produktion von Hardware-Komponenten verursacht enorme Emissionen – bekannt als Embodied Carbon. Besonders energieintensiv ist die Herstellung von Chips, die meist in Regionen wie Taiwan und Südkorea erfolgt, wo fossile Brennstoffe dominieren. Zudem werden hochwirksame Treibhausgase wie Schwefelhexafluorid freigesetzt, das über 20.000-mal klimaschädlicher als CO₂ ist.
Ein nachhaltiger Ansatz: Geräte länger nutzen und besser auslasten. In Rechenzentren kann eine Shared oder Public Cloud helfen, indem sich mehrere Organisationen Server teilen, statt wenig genutzte Einzelserver zu betreiben. Dasselbe gilt für Endgeräte: Je länger ein Gerät genutzt wird, desto besser die CO₂-Bilanz.
Auch die Entsorgung von Endgeräten ist problematisch: 2022 fielen weltweit 62 Millionen Tonnen Elektroschrott an, doch nur 22 % wurden nachweislich recycelt. Unsachgemäß entsorgter Elektroschrott (E-Waste) gefährdet Mensch und Umwelt durch giftige Stoffe wie Blei und Quecksilber. Gleichzeitig bedeutet es eine Verschwendung von Ressourcen, die wirtschaftliche Verluste zur Folge hat. Insbesondere bei Rohstoffen wie Seltenen Erden spielt das eine signifikante Rolle.
Längere Nutzungszyklen, Recycling und bewusster Konsum sind entscheidend, um den ökologischen Fußabdruck digitaler Geräte zu minimieren.
Code wird so gestaltet, dass dessen Durchführung möglichst wenig Energie verbraucht. Das bedeutet zum Beispiel, optimierte Algorithmen einzusetzen, um unnötige Datenübertragungen oder CPU-Zyklen zu reduzieren.
„Grüne“ Rechenzentren nutzen erneuerbare Energie und planen Arbeitslasten so ein, dass grüner Strom optimal zu den Zeiten genutzt wird, wo er am meisten verfügbar ist.
Die Überversorgung von Ressourcen wie Speicher und Rechenleistung wird vermieden. Dynamische Skalierung sorgt dafür, dass nur benötigte Kapazitäten genutzt werden.
Speicher- und Datenverkehr sind auf das Notwendige reduziert: weniger Daten bedeuten weniger Energieverbrauch.
Modulare Softwarearchitekturen ermöglichen Updates ohne komplette Überarbeitungen. Das spart Ressourcen und vermeidet Hardware-Upgrades.
Geografisch verteiltes Computing reduziert die Energie für lange Datenübertragungen. Lokale Verarbeitung senkt den Energiebedarf weiter.
Bewusstsein und Schulung
Entwickler verfügen oft nicht über das nötige Wissen, wie sich ihre Design- und Programmierentscheidungen auf die Energieeffizienz auswirken.
Messbarkeit
Werkzeuge zur Messung der Umweltbelastung von Software befinden sich noch in der Entwicklungsphase.
Kosten
Die anfänglichen Investitionen in grüne Technologien und Praktiken können hoch sein.
Komplexität
Es ist eine Herausforderung, Leistung, Nutzererfahrung und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen.
Der IKT-Sektor (Informations- und Kommunikationstechnologie) trägt erheblich zu den globalen CO₂-Emissionen bei – in manchen Schätzungen vergleichbar mit der Luftfahrtindustrie. Green Software reduziert diesen ökologischen Fußabdruck.
Energieeffiziente Software senkt Betriebskosten, insbesondere für Unternehmen mit großen Anwendungen oder Rechenzentren. Effizienz spart Geld und Ressourcen.
Kunden und Unternehmen bevorzugen zunehmend Anbieter, die umweltbewusst handeln. Green Software kann ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.
Regierungen verschärfen die Vorschriften zu Energieverbrauch und CO₂-Emissionen. Unternehmen, die Green Software einsetzen, sind besser darauf vorbereitet, diese Vorgaben zu erfüllen.
Nachhaltige Software unterstützt Unternehmen beim Erreichen ihrer Klimaziele. Gleichzeitig stärkt sie das Markenimage und zeigt Engagement für globale Herausforderungen wie den Klimawandel.
Green Software steht im Einklang mit Initiativen wie den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen. Besonders relevant sind SDG 13 (Klimaschutz) und SDG 12 (nachhaltiger Konsum).
Künstliche Intelligenz ist aus der Softwareentwicklung nicht mehr wegzudenken, bringt aber auch enorme Umweltkosten mit sich. Das Training von Modellen wie GPT-4 verbraucht Schätzungen zufolge bis zu 50-mal mehr Strom als sein Vorgänger – eine gewaltige Belastung für Rechenzentren. Selbst eine einzelne KI-Anfrage benötigt ein Vielfaches des Energieverbrauchs einer Google-Suche. Die für den Aufstieg der KI erforderliche Rechenleistung verdoppelt sich etwa alle 100 Tage.
Dennoch kann KI auch zur Emissionsreduktion beitragen: Prognosen zufolge könnte sie bis 2030 die globalen Treibhausgasemissionen um 5-10% zu reduzieren. Dabei müssen jedoch Nutzen und Ressourcenverbrauch gegeneinander abgewogen werden. Damit das gelingt, müssen Entwickler nachhaltige Ansätze verfolgen – etwa durch die Wiederverwendung vortrainierter Modelle, sparsames Training und den gezielten Einsatz kleinerer Modelle. Gleichzeitig braucht es klare Regulierungen: Der Europäischer Rat hat es sich 2024 mit dem ‚AI Act‘ zum Ziel gemacht, KIs stärker zu kontrollieren, gesellschaftliche Auswirkungen einzuschätzen und Transparenz zu gewährleisten. Dieses Gesetz enthält bislang jedoch keine konkreten oder verpflichtenden Maßnahmen.
Green Software Development ist nicht nur ein Trend, sondern eine Notwendigkeit. Angesichts der wachsenden Datenmengen und benötigten Kapazitäten von Rechenzentren braucht es ein Umdenken – von effizienter Code-Struktur bis hin zu umfassenden Standards. Organisationen wie die Green Software Foundation treiben diese Entwicklung voran und bieten Tools zur Reduktion des CO₂-Fußabdrucks.
Nachhaltige Software bedeutet nicht nur weniger Emissionen, sondern auch schnellere Anwendungen, bessere User Experience und geringere Betriebskosten. Entwickler sollten Green-Software-Prinzipien in jede Phase ihres Prozesses integrieren – von der Architektur bis zur Wartung. Denn nur durch bewusste Entscheidungen können wir Software schaffen, die sowohl leistungsfähig als auch umweltfreundlich ist.