Circular Design
Experten
Interview
Circular Design Experten-Interview für das Beratermagazin InvestmentKonzept

Herr Peschke, was reizt Sie am Circular Design?

Meine Mitarbeiter und ich sind überzeugt, dass Circular Design die einzig sinnvolle Art ist, zu gestalten und herzustellen. Eine Wirtschaft, die unverwertbaren Müll produziert, die Landflächen in einem erschreckenden Ausmaß unbrauchbar macht, widersetzt sich dem gesunden Menschenverstand. Ein weiterer Reiz an Circular Design ist sein Potenzial: Es werden fortlaufend neue technische Möglichkeiten entdeckt und Materialien entwickelt, die nachhaltig und zunehmend leistungsfähiger sind. Hier wird sich also noch viel tun.

Bei Design denkt man in der Regel ja eher an das Aussehen und die Form stylischer Produkte. Was zeichnet dagegen gutes Circular Design aus?

Gutes Circular Design geht weit über die ästhetische Gestaltung von Produkten hinaus und verlangt eine ganzheitliche Herangehensweise, die den kompletten Lebenszyklus eines Produkts berücksichtigt. Einige der Grundpfeiler des Circular Design sind Langlebigkeit und Haltbarkeit, Reparierbarkeit genauso wie Wartbarkeit, Modularität und die Verwendung von recycelten und nachhaltigen Materialien. Dabei müssen auch Benutzerfreundlichkeit und Ästhetik mitgedacht werden, damit Kunden ein Produkt gerne kaufen und gebrauchen. Diese Freude darf nicht verloren gehen und kann durch gutes, ganzheitliches Design sichergestellt werden.

Es geht also auch um Materialien?

Richtig. Circular Design bezieht sich auf die Auswahl und Verwendung von kreislauffähigen Materialien, die unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden müssen: Sie müssen aus erneuerbaren Quellen stammen, unter ethischen Bedingungen gewonnen und verarbeitet werden, recycelbar oder zumindest biologisch abbaubar sein. Sie dürfen keine umweltschädlichen Chemikalien enthalten, müssen langlebig und von hoher Qualität sowie effizient in der Herstellung sein. Sie müssen eine größere Modularität von Produkten unterstützen, um Bestandteile unterschiedlichen Recyclingkreisläufen zuzuführen. Und die Herkunft muss rückverfolgbar sein. Das sind viele Ansprüche, aber es ist möglich, diese zu erfüllen – und es ist notwendig für unsere Zukunft.

Können Sie ein paar Beispiele für gelungenes Circular Design aus der Praxis nennen?

Eines der bekanntesten Beispiele ist das niederländische Fairphone, ein leicht reparier- und aufrüstbares Smartphone mit einer höheren Lebensdauer, das hilft, Elektronikabfälle zu reduzieren. Ein ebenso gelungenes Beispiel ist eine hier in Österreich entwickelte Universal-Fernbedienung, mit der sich verschiedene technische Geräte im Haus gleichzeitig steuern lassen. Das hilft, Ressourcen zu sparen. In den Niederlanden gibt es außerdem eine Jeansmarke, die Hosen und Jacken aus recyceltem Denim zum Kauf und auch mit Leasing-Option anbietet und die außerdem alte Jeans kostenfrei tauscht und recycelt. Ein weiteres Beispiel ist ein US-Unternehmen, welches biologisch abbaubare Materialien auf Pilzbasis entwickelt.

Wie hat sich die Nachfrage nach Circular Design entwickelt?

Die Nachfrage hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Allerdings kommt es sehr auf den Bereich an. Während bereits einige Unternehmen im Bereich der Konsumgüter den Trend aufgegriffen haben, sieht es im Investitionsgüterbereich noch anders aus. Hier spielt kurzfristiges kostenoptimiertes Produzieren weiterhin eine sehr wichtige Rolle, und selbst nachhaltige Verpackungsmaterialien sind für manche unserer Kunden noch eine Hürde – die aber natürlich mit der Zeit überwunden werden muss.

Was sind aus Kundensicht die größten Treiber, Produkte und fertigende Maschinen auf den Circular-Design-Prüfstand zu stellen?

Einige große Treiber sind das wachsende Bewusstsein für Umweltfragen und die Endlichkeit unserer Ressourcen sowie die Veränderung der Konsumgewohnheiten. Staatliche Vorgaben und Subventionen sind für Unternehmen zunehmend ein Anreiz, aber auch die Möglichkeit, die Markenloyalität durch eine solide Firmenethik zu stärken, ihre Zielgruppe zu erweitern und ihre Kundschaft zu halten. Zum anderen wollen immer mehr Unternehmen ihren ökologischen Fußabdruck aus eigener Initiative verringern und Nachhaltigkeitsziele unterstützen. Zusätzlich bietet Circular Design Kosteneffizienz über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg, da die höhere Qualität die Langlebigkeit des Produkts ermöglicht, Wartungskosten reduziert und Teile öfter repariert werden können, anstatt ausgetauscht zu werden.

In welchen Branchen wird Circular Design die größten Veränderungen hervorrufen?

Branche, die sich besonders stark verändern müssen, sind jene, die traditionell ressourcenintensiv sind und erhebliche Mengen Abfall produzieren. Das betrifft zum Beispiel die Verpackungsindustrie, die weg muss von Einwegverpackungen und stattdessen auf wiederverwendbare und kompostierbare Materialien umsteigen muss. Genauso trifft das für Mode und Textilien zu , da auch die Modeindustrie eine der Branchen ist, die die Umwelt besonders schwer belasten. Das Bauwesen, die Automobilindustrie, die Elektronik & IT, die Möbelproduktion, genauso wie Haushaltsgeräte und die Lebensmittelindustrie sind weitere Bereiche mit viel Potenzial. Wenn Rohstoffe in großem Stil wiederverwertet werden sollen, braucht es dafür übrigens auch die entsprechende Infrastruktur, wie etwa Müllentsorgung, Sortierungsanlagen und Raffinerien. Diese Bereiche müssen ebenso ausgebaut werden.

Lässt sich der Effekt einer höheren Langlebigkeit der Produkte messen?

Ja, das lässt sich quantifizieren, obwohl die genaue Methode und die erzielten Ergebnisse je nach Produkttyp, Branche und spezifischen Designentscheidungen variieren können. Eine der bekanntesten Vorgehensweisen ist die Lebenszyklusanalyse (das Life Cycle Assessment – LCA), mit der sich bewerten lässt, wie Circular Design die Lebensdauer eines Produkts verlängert und die Nutzung der eingesetzten Rohstoffe optimiert. Ebenso kann der Ressourcenverbrauch von Rohstoffen, Energie, Wasser und Abfall über einen bestimmten Zeitraum gemessen werden. Gleiches gilt etwa für Abfallreduzierung, Recyclingraten, Reparatur- und Wartungsdaten, Kundennutzungsdaten zur tatsächlichen Produkthaltbarkeit oder die Verwendung von Sekundärrohstoffen. Die Sammlung und Analyse dieser Daten muss jedoch sorgfältig und systematisch erfolgen, um genaue und aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Momentan gibt es noch große Abweichungen zwischen den Herangehensweisen verschiedener Unternehmen.

Was stimmt Sie in Sachen Circular Design optimistisch für die Zukunft?

Generell betrachtet gibt es mehrere Punkte, wie das wachsende Bildungsangebot und die politische Unterstützung, globale und lokale Partnerschaften zwischen Unternehmen, Regierungen, NGOs und Bildungseinrichtungen. Positiv stimmen mich auch die beeindruckenden Erfolgsgeschichten von Unternehmen mit Fokus auf Kreislaufwirtschaft, genauso wie das allgemein wachsende Umweltbewusstsein und das steigende Interesse von Investoren, nachhaltig zu investieren. Auch wir beobachten bei unseren Kunden ein wachsendes Interesse an nachhaltigen Materialien – zwar langsam, aber wir bewegen uns in die richtige Richtung.

Was sind die größten Schwellen, die dabei noch ausgeräumt werden müssen?

Kosten und Wirtschaftlichkeit stehen hier klar an erster Stelle, da die Umstellung in der Produktion und in der Beschaffung teuer sind und Investitionen sich erst langfristig bezahlt machen. Zudem sind Lieferketten logistisch komplex, was eine enge Zusammenarbeit zwischen Lieferanten, Herstellern und Händlern erfordert. Technologische Herausforderungen, Verbraucherakzeptanz, geregelte Standards sowie vergleichbare Datenmessungen und Berichtsarten sind weitere Baustellen. Ich betrachte diese Hürden allerdings als Herausforderungen und Potenziale und blicke optimistisch in die Zukunft des Circular Designs und der globalen Wirtschaft.

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